Neue Studie: NFP bei unerfülltem Kinderwunsch

NFP Schwangerschaftsrate nach ein bis zwei Jahren WartezeitIn diesem Jahr ist von der Sektion Natürliche Fertilität der DGGEF eine prospektive Studie zu NFP bei unerfülltem Kinderwunsch publiziert worden [1].

Zusammenfassung:

Welche spontanen Schwangerschaftsraten können erreicht werden, wenn Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch lernen, gezielt ihr fruchtbares Fenster im Zyklus zu beobachten? Zu dieser Frage wurde an der Universität Heidelberg eine prospektive Studie an 187 Frauen durchgeführt. Die Frauen hatten ein Training erhalten, die fruchtbare Phase im Zyklus und insbesondere die optimal fruchtbaren Tage (peak fertility) nach der Sensiplan-Methode zu beobachten (fertility awareness training). Anschließend wurden sie für acht Monate beobachtet.

Sensiplan steht für die symptothermale Methode der Arbeitsgruppe NFP, die wissenschaftlich abgesichert und im Praxisbuch „Natürlich und sicher“ beschrieben ist. (Quelle: nfp-online.de)

Die Frauen waren 21 bis 47 Jahre alt und hatten vor Studieneintritt bereits durchschnittlich 3,5 Jahre lang vergeblich versucht, schwanger zu werden (Range 1-8 Jahre). Frauen mit Amenorrhoe oder Tubenverschluss beidseits (sofern bekannt) oder mit schwerwiegendem männlichen Faktor (OATS III°) waren von der Teilnahme ausgeschlossen. Weitere sieben Frauen, die zunächst rekrutiert waren (zusätzlich zu den 187 Frauen), wurden schwanger während des Zyklus direkt vor dem Sensiplantraining: dies wurde als spontane Schwangerschaftsrate pro Zyklus in dieser Kohorte gewertet, die ohne fertility awareness training erreicht wird.

Ergebnisse

Die kumulative Schwangerschaftsrate bei subfertilen Paaren nach fertility awareness training war 38% (95% CI: 27%-49%; 58 Schwangerchaften) nach acht Monaten. Bei den Paaren, die seit 1-2 Jahren versuchten schwanger zu werden, stieg die Schwangerschaftsrate auf 56% acht Monate nach fertility awareness training. Beide Raten sind signifikant höher als die geschätzte basale Schwangerschaftsrate von 21,6% ohne fertility awareness training (diese basale Rate beruht in 6 von 7 Fällen auf Schwangerschaften bei Paaren mit 1-2jährigem Kinderwunsch). Wenn die Frauen seit mehr als 2 Jahren versuchten schwanger zu werden und älter als 35 Jahre waren (kumulative Schwangerschaftsrate 25%, p=0.06), war dies mit einer signifikant geringeren Chance verbunden, in der Zukunft noch spontan schwanger zu werden.

Schlussfolgerung

Fertility awareness training der Frauen zur Selbstbeobachtung des fertilen Fensters im aktuellen Zyklus scheint eine vernünftige first line Therapie im Management von Subfertilität zu sein.

Ergänzungen:

Was ist „fertility awareness“?:
Die Sektion Natürliche Fertilität empfiehlt zur fertiliy awareness die symptothermale Methode Sensiplan. Diese kann auch in Beratungskursen gelernt werden (Berateradressen und Kursangebote finden sich unter nfp-online.de). Die Methode beruht darauf, dass Frauen Veränderungen von Körpersymptomen im laufenden Zyklus beobachten (Zervikalschleimsekretion äußerlich an der Vulva und basale Körpertemperatur).
Für den Kinderwunsch wichtig: Über die Veränderungen des Zervixschleims wird automatisch der Beginn des fruchtbaren Fensters, die zunehmende Empfängniswahrscheinlichkeit und das Fruchtbarkeitsoptimum beobachtet. Der Temperaturanstieg zeigt das Ende der fruchtbaren Zeit an und bestätigt, dass eine Ovulation tatsächlich stattgefunden hat.

Aktuelle Entwicklungen:

Gibt es den Supercomputer bzw. das Superarmband, das die fruchtbare Phase misst, den Eisprung erkennt und alles komplett für die Frau übernimmt? Derzeit werden Apps und Fertilitätsmonitore entwickelt, die auf anderen (wie die o.g.) Parametern fußen. Bereits seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts testet man alle möglichen biochemischen oder physikalischen Parameter auf ihre Eignung zur Bestimmung des fertilen Fensters. Aktuell wird z.B. ein nachts anzulegendes Armband mit Sensorsystem namens Ava besonders propagiert, das Hauttemperatur, Pulsrate und anderes misst. Häufig ist eine gewisse Korrelation solcher Parameter zu den Zyklusphasen festzustellen, die in der Regel jedoch nicht eng genug ist, um für Kinderwunsch oder Kontrazeption geeignet zu sein.
Derzeit ist es weiterhin so, dass Frauen durch eigene Kompetenz am besten das fruchtbare Fenster feststellen können (wie man das lernt, siehe oben) und sich nicht von Werbung und Marketing einreden lassen sollen, dass neu entwickelte Produkte besser sind.

[1] Frank-Herrmann P, Jacobs C, Jenetzky E, Gnoth C, Pyper C, Baur S, Freundl G, Goeckenjan M, Strowitzki T (2017) Natural conception rates in subfertile couples following fertility awareness training. Arch Gynecol Obstet 295: 1015-24. https://doi.org/10.1007/s00404-017-4294-z

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